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How to architect the future?

Unter dem Titel „Im Umbruch – How to architect the future?“ soll sich am 22. April 2021 alles um die zukünftige Relevanz von Architektinnen und Architekten drehen. Oliver Seidel ist als Vorsitzender des Ausschusses „Zukunft des Berufsstandes“ verantwortlich für dessen Ausgestaltung. ein Gespräch mit ihm über die Ziele der Veranstaltung und die Zukunft der Planenden.

Herr Seidel, die Veranstaltung, die Sie planen, sollte ursprünglich bereits im vergangenen September stattfinden.

Oliver Seidel: In Corona-Zeiten war dieser Termin einfach nicht durchführbar. Wir planen nun, am 22. April 2021 unter dem Motto „Im Umbruch – How to architect the future?“ zusammenkommen zu können – und zwar vor Ort und digital.

Was bedeutet die Corona-Krise für die Zukunft der Gestalter der gebauten Umwelt?

Das ist eine große Frage, die wohl keiner derzeit beantworten kann. Es scheint, dass die Digitalisierung einen Schub erhält und dezentrale Arbeitsweisen und Abstimmungen an Bedeutung und auch an Leichtigkeit gewinnen, in dem Sinne, dass zukünftig vielleicht einfacher geht, was bisher mit zu vielen Problemen vorbelastet war.

Ist die Digitalisierung eines der Themen der geplanten Veranstaltung?

Klar. Wir haben drei Schwerpunkte gewählt: Zum Ersten wollen wir fragen, wo wir als Architektenschaft – und damit meine ich natürlich auch die Landschafts- und Innenarchitekten und Stadtplaner – gegenwärtig in dieser sich so stark wandelnden Welt stehen und noch viel wichtiger: wohin wir wollen. Zweitens: Was macht die Digitalisierung mit uns als Gesellschaft? Sie stellt die Planenden ja vor große Herausforderungen, ist aber auch eine gewaltige Chance, in multidisziplinären Teams dieser Komplexität gerecht werden zu können. Dabei soll die Gesellschaft im Mittelpunkt stehen. Uns geht es nicht um BIM oder GIS – was die Werkzeuge sind, mit denen wir eben umgehen werden. Nein, wichtiger ist doch, wie die Gesellschaft auf die Digitalisierung reagiert und wie die Architekten diesen Prozess zum Wohle aller beeinflussen können.

Viele haben auch Angst vor der Digitalisierung, die ja auch Überwachung bedeuten kann, wie China vormacht.

Daher ist es gerade im Zuge der Technisierung besonders bedeutsam, den Protagonisten Mensch nicht aus den Augen zu verlieren. Demzufolge muss sich der Berufsstand mit der Gefährdung der offenen Gesellschaft, die mit einer zunehmenden Digitalisierung einhergehen kann, kritisch auseinandersetzen und sich zu Wort melden. Wie gestalten wir denn die Smart-Citys der Zukunft? Überlassen wir diese Fragen den großen Technik-Unternehmen oder reden wir bei der Planung und Gestaltung ein Wörtchen mit?

Was sind weitere Themen der Veranstaltung?

Da knüpfen wir an das an, was ich eben schon angedeutet habe, nämlich wie relevant wir sind und wie wir möglicherweise relevanter werden können. Konkret gefragt: Sind wir als Berufsstand zukünftig ein systemrelevanter Player? Und wie müssen wir uns dafür positionieren? Und zwar als eine Zunft, die zur ökologischen, ökonomischen und vor allem gesellschaftlichen Entwicklung einen wichtigen Beitrag leistet.

Wie wollen Sie das erreichen?

Es benötigt Mut, die Einsicht, auch mal scheitern zu dürfen, und vor allem den Willen, am Diskurs über die Gestaltung der Zukunft mit hörbarer Stimme teilzunehmen. Um erfolgreich zu sein, müssen wir konsequent den Menschen in den Mittelpunkt unseres Denkens und Handelns stellen, für ihn müssen wir integrierende Beiträge zur gebauten Umwelt entwickeln. Dies erreichen wie nur, wenn wir als Architektinnen und Architekten proaktiv mit anderen Disziplinen zusammenarbeiten und im Team agieren – ohne Angst vor Komplexität und Verlust.

Haben Architekten und Bauschaffende ihre eigentliche Aufgabe, integrierte gebaute Umwelten zu schaffen, noch im Blick?

Ich denke, wir suchen hierzulande schon ein Stück weit vergeblich nach neuen Ideen für eine zukünftige gesellschaftliche und umweltgerechte Entwicklung. Vergleicht man unseren inhaltlichen Output mit dem anderer europäischer Länder, so ist er doch ernüchternd.

Ist der überhöhte Glaube an den Architekten als fantastischen Gestalter und vorausschauenden Lenker überholt?

Diese Anforderung kann weder Frau noch Mann singulär erfüllen. Die Rolle der Planenden muss neu definiert werden. Dabei darf nicht der fatale Fehler unterlaufen, die Spezialisierung hin zu einem von vielen Fachplanern weiterzuführen, vielmehr müssen wir den aus interdisziplinären Teams und unterschiedlichen Generationen bestehenden „Mega-Generalisten“ gründen.

Was ist mit dem beruflichen Nachwuchs?

Der ist natürlich der Schlüssel zur Gestaltung einer erfolgreichen Zukunft. Daher bedarf es noch viel größerer Anstrengungen als bisher, den wertvollen „jungen“ Ideen Raum – auch in der Kammer – zu geben. Ganz klar.

Lassen Sie uns noch mal zu der Veranstaltung zurückkommen, wo diese Aspekte alle diskutiert werden sollen. Was erwartet die Teilnehmer?

Wir werden zunächst drei Inputvorträge hören, unter anderem von Prof. Dean Simpson von der KADK in Kopenhagen. Wir wollen das Gehörte diskutieren und die Ergebnisse festhalten. Am Abend münden diese in einer Talkrunde. Wir wollen mit den drei Referenten sowie weiteren interessanten Persönlichkeiten ins Gespräch kommen. Beispielsweise, um einen Namen zu verraten, ist der noch neue Oberbürgermeister von Hannover, Belit Onay, dabei.

Und wie wird das ganze ablaufen?

Daran feilen wir gerade. Ziel ist es, möglichst viele Interessierte im Rahmen der geltenden Corona-Bestimmungen zu beteiligen.

Bis zum 22. April ist es ja auch noch etwas hin. Vielleicht sprechen wir dann kurz vorher noch einmal.

Sehr gern. Was aber bereits ab sofort anläuft, ist eine Website zum Thema unter www.aknds.de, wo wir Ideen und Statements zur Zukunft des Berufsstandes sammeln. Jede und jeder, der Interesse hat, kann sich beteiligen. Ich freue mich, wenn viele mitmachen.

Interview Lars Menz

 

Oliver Seidel ist Partner bei cityförster architecture + urbanism in Hannover, Mitglied der Vertreterversammlung und Vorsitzender des Ausschusses „Zukunft des Berufsstandes“.