Region Elbe-Weser
Der Elbe-Weser-Raum zeichnet sich durch viele unterschiedliche Landschaftsbereiche aus, ist überwiegend ländlich geprägt, befindet sich aber im Spannungsfeld zwischen den Metropolen Hamburg, Bremen und auch Hannover. Es gibt prosperierende Regionen, z.B. nahe der Ballungsräume oder in den Fremdenverkehrsregionen, aber auch Landstriche, in denen demografische Veränderungen und Folgen des wirtschaftlichen und strukturellen Wandels ihre Spuren hinterlassen.
Die Regionalbeauftragte Kerstin Oesterling stellt sich vor
Frau Oesterling, Sie engagieren sich für die Regionalisierung, weil….
Kerstin Oesterling: ...weil die Selbstverwaltung unseres Berufsstandes durch die Architektenkammer ein Privileg ist, das durch die Mitglieder in den Regionen noch viel mehr unterstützt werden kann, und weil ich möchte, dass regionale Aspekte besser in der Kammer verankert werden. Gerade im ländlichen Raum und bei den kleineren und mittleren Büros sehe ich erhebliche Herausforderungen für die Zukunft.
Wo legen Sie Ihre inhaltlichen Schwerpunkte?
Planungsprozesse transparent machen und Öffentlichkeitsarbeit fördern, Vergabepraxis verbessern, Interdisziplinarität fördern. Als Stadtplanerin sehe ich mit Sorge, dass insbesondere der öffentliche Umgang mit Planung und Planungsprozessen oft hinter verschlossenen Türen verläuft. Sie sind immer öfter investorengeprägt und für den Bürger nur schwer nachvollziehbar. Zu selten wird eine öffentliche Diskussion über städtebauliche Qualitäten und Baukultur geführt, eine vorausschauende Planung z. B. durch entsprechende Baulandbevorratung oder zweckgebundene Baulandbereitstellung wird kommunal noch zu selten verfolgt. Der Donut-Effekt wächst: Die Baulandausweisung nimmt unter dem Druck der Wohnungsnot zu, während zeitgleich die Innenstädte viele Leerstände, abgängige oder nur unangemessen genutzte Immobilien aufweisen. Das Thema „gesteuerte Innenentwicklung“ muss präsenter werden.
Außerdem sehe ich die Gefahr, dass besonders in kleinen Kommunen die Kapazitäten und auch Kompetenzen fehlen. Hier müssen mehr Kommunen angesprochen und Hilfestellung angeboten werden, z. B. über den Mobilen Gestaltungsrat oder die Unterstützung bei Wettbewerbsauslobungen.
Auch die Vergabepraxis haben Sie genannt.
Ja, die Vergabe von kommunalen Bauleistungen verläuft zunehmend rein über die Kosten. Die Honorarabfragen ohne Berücksichtigung von Funktionalität, Gestalt oder sonstiger gestalterischer Qualitäten sind ein Thema, das mich beschäftigt. Bei der gängigen Methode „Vorgabe der Bausummen“ entscheiden teilweise die Nebenkosten oder die Höhe der Skonti über den Zuschlag. Das müssen wir ändern! Ich setze mich ein für mehr Wettbewerb für das beste Vorhaben am jeweiligen Standort. In der Stadtplanung werden zu erbringende Leistungen unsinnigerweise herausgekürzt, die Honorarzonen werden nicht vorgegeben, die tatsächliche Vergleichbarkeit der Angebote scheint in diesem Zusammenhang fragwürdig. Wer macht die Vorgaben? Wer prüft die Angebote? Hier werden oft Äpfel mit Birnen verglichen. Das möchte ich ändern.
Auch ein Problem: die Generalplanerfunktionen, die von Architekten übernommen werden sollen. Der erhöhte Koordinationsaufwand und die Projektmanagementaufgaben werden nur selten angemessen vergütet. Dagegen wende ich mich ausdrücklich. Ich sehe außerdem ein Thema in der zunehmenden Praxis der kleinen Kommunen, sämtliche Planungen von Generalübernehmern bearbeiten zu lassen, anstatt Stadtplaner oder Architekten damit zu betrauen. Dagegen müssen wir als Kammer klar Stellung beziehen.
Sie möchten die Interdisziplinarität fördern.
Wir sind vier Fachdisziplinen unter dem Dach der Kammer: Stadtplaner, Architekten, Innenarchitekten und Landschaftsarchitekten arbeiten bei „normalen“ Bauaufgaben zu selten gemeinsam. Ich setze mich dafür ein, interdisziplinäres Arbeiten unter Kollegen zu fördern und möchte, dass dies insbesondere auch bei den Auftraggebern zukünftig eine Selbstverständlichkeit wird.
Was wünschen Sie sich als Regionalbeauftragte?
Dass mir die Kammermitglieder in meiner Region Elbe-Weser Themen oder auch Fortbildungswünsche nennen, die sie besonders interessieren, dass ich von Bauvorhaben in unserer Region erfahre, über die es sich lohnt zu berichten und dass wir uns innerhalb unserer Region besser kennenlernen und austauschen.
Wann ist die Regionalisierung aus Ihrer Sicht erfolgreich?
Wenn wir die Kammerarbeit transparenter machen und regelmäßig auch vor Ort darüber berichten, wenn es uns gelingt, geeignete Formate für die Region zu entwickeln, wenn wir uns als Regionalbeauftragte gut vernetzen und wenn ich von vielen Kammermitgliedern in meiner Region aktiv unterstützt werde.
Was steht als nächstes auf dem Programm?
Ich möchte mich den Mitgliedern der Architektenkammer in allen vier von mir „betreuten“ Landkreisen persönlich vorstellen, Ausstellungen, Fachgespräche und Fortbildung auch in die Region bringen und mit Unterstützung der Kammer Kontakte zu Kommunen suchen und für unseren Berufsstand werben.