Preisträger 2016
UNESCO Weltkulturerbe Mariendom Hildesheim mit Dommuseum und Annexbauten
ADRESSE
Domhof, 31134 Hildesheim
BAUHERR
Domkapitel Hildesheim
ENTWURFSVERFASSER
Schilling Architekten, Prof. Johannes Schilling, Köln / Hahn Hertling von Hantelmann, Landschaftsarchitekten, Hamburg
FERTIGSTELLUNG
April 2015
FOTOS
Christian Richters
URTEIL DER JURY
Seit dem Bistumsjubiläum im Jahr 2015 präsentieren sich der Hildesheimer Dom St. Mariä Himmelfahrt, sein Museum und der Domhof im neuen Gewand. Nach Ausschreibung der Planungen gestaltete sich die Sanierung und Modernisierung des UNESCO-Weltkulturerbes wahrlich als Großprojekt. In Modulen gestaffelt, rangen engagierte Bauherren und Architekten über einen sehr langen Zeitraum um die jeweils optimale Lösung. Es bedurfte bei der Umsetzung des komplexen Sanierungskonzeptes eines „langen Atems“. Beeindruckend ist nach Auffassung der Jury zudem die Konzentration auf die qualitativen Alleinstellungsmerkmale unter Erhalt des einzigartigen Charismas der Anlage. Im Ergebnis entstand ein einzigartig stimmiges Gesamtensemble.
Architektonische Neuinterpretationen der Räume und Materialien bei gleichzeitigem Sichtbarmachen der Bauhistorie lassen eine Collage der Zeitgeschichte entstehen. Es bleibt ablesbar, wie der Dom nach seiner fast vollständigen Zerstörung 1945 in den 1950er Jahren wieder aufgebaut wurde. Und doch hinterlässt die anspruchsvolle, nunmehr vollendete, fast viereinhalbjährige Sanierung ihre deutlichen Spuren. Im Sinne von „Weiterbauen“ öffnet die zeitgemäße Umgestaltung die ehemals introvertierten Räume jetzt nach außen. Klare, radikale Einschnitte und präzise Eingriffe erzeugen räumliche Spannungen im Inneren und Äußeren. Die hohe Materialwertigkeit und die Reduktion der Formen sowie das Herausstellen der alten Axialität hingegen erzeugen Ruhe und eine hohe Aufenthaltsqualität in den jeweiligen räumlichen Funktionen. So empfangen beispielsweise helle, freundliche und zudem barrierefrei erreichbare Räume die Besucherinnen und Besucher. Neue Durchbrüche zur Krypta binden diese in den Kirchenraum optimal ein.
Die radikale Reduziertheit der Ausstattung setzt sich im Gottesdienstraum fort und ermöglicht Kontemplation. Neben den notwendigen technischen und vielen erhaltenden Maßnahmen beeindrucken hier die präzis und gezielt vorgenommenen, gestalterischen Eingriffe. Der Fußboden wurde auf die ursprüngliche Höhe des Vorkriegszustandes abgesenkt, die beiden aufwändig gestalteten, historischen Radleuchter erhielten ihre Plätze im Langhaus und im Hochchor zurück. Die Bernwardstür bietet sich, wie vor der Kriegszerstörung, mit der Bildseite nach außen hinter einem seitlich begehbaren Vorraum dar.
In der angrenzenden profanisierten St.-Antonius-Kirche und in Teilen des Kreuzganges entstand am südlichen Querhausarm das neue, offen gestaltete Hildesheimer Dommuseum. Es präsentiert seine Kunstschätze mit interessant gestalteten Blickachsen souverän und beispielgebend.
Besonders überzeugend sind zudem die im Rahmen eines Wettbewerbs erfolgte, städtebauliche Umgestaltung des Domhofes und seine Einbindung an den gesamtstädtischen Kontext des Dombezirks. Diese Neuordnung führt zusammen mit der gelungenen Innenstadtanbindung zu einer Aufwertung des umgebenden Quartiers.
Die Jury würdigt die hohe Ausstrahlkraft des Projektes in die Öffentlichkeit
STÄDTEBAULICHE MERKMALE
Das Weltkulturerbe Dom von Hildesheim sollte räumlich geklärt, seine Liturgie geordnet, Dinge sollten sichtbar und Neues erkennbar gemacht, dabei aber zurückhaltend formuliert werden. Ferner sollte ein Dommuseum das Bestandsensemble ergänzen.
GESTALTUNGSMERKMALE
Rasenflächen sollen den Raum strukturieren, ein neues Baumstellungskonzept soll wichtige Sichtachsen auf das Dombauwerk freistellen. Boden: aus farblich dem Bestand entsprechenden Sandstein, Pfeiler- und Stützenerneuerungen: aus Beton. Wände: aus hellem Putz mit sandigen Schattierungen/Körnungen.
Dommuseum: geschichteter Beton.
NUTZUNGSMERKMALE
Maßnahmen: Architektonische Neuinterpretierung der Räume und Materialien / Liturgische zeitgemäße Neuordnung des Doms / Axiale Neupositionierung der Kulturschätze / Einrichtung einer neuen Bischofsgruft unterhalb des Mittelschiffs. Dommuseum als Erweiterungsbau.
IDENTITÄT
Dom neu interpretiert und neu geordnet.