Grußworte
Olaf Lies, Niedersächsischer Minister für Umwelt, Energie, Bauen und Klimaschutz
Mit dieser Broschüre werden die Ergebnisse des Niedersächsischen Staatspreises für Architektur vorgestellt, der 2018 bereits zum 12. Mal vergeben wurde. Er geht auf eine Initiative des Niedersächsischen Landtages im Jahr 1996 zurück und ist die wichtigste Architekturauszeichnung des Landes.
Mit dem Staatspreis für Architektur werden innovative und beispielgebende Projekte ausgezeichnet, die einen qualitätvollen Beitrag zur Weiterentwicklung der Baukultur in Niedersachsen leisten.
Bekanntlich stellt sich bei jedem Planungs- bzw. Bauvorhaben die Frage nach der besten Lösung für die spezielle Bauaufgabe neu. Wie können Funktionalität, Wirtschaftlichkeit, Nachhaltigkeit und Ästhetik bestmöglich in Einklang gebracht werden?
Eine Spitzenleistung entsteht, wenn interessierte und mutige Bauherren auf ideenreiche und kompetente Entwurfsverfasser treffen und beide Akteure eine vertrauensvolle und engagierte Zusammenarbeit entwickeln. Sehr gern habe ich die gemeinsame Auszeichnung von Architektinnen, Architekten und Bauherren anlässlich der Preisverleihung vorgenommen.
Ich möchte allen, die am diesjährigen Wettbewerb teilgenommen haben, an dieser Stelle für ihr besonderes Engagement danken.
Der Niedersächsische Staatspreis für Architektur 2018 stand unter dem Titel „Bauen für Wirtschaft und Verwaltung“. Er richtete sein Augenmerk explizit auf das Thema Arbeiten der Zukunft und schloss Bauten aus den privatwirtschaftlichen Bereichen Industrie, Gewerbe, Handel und Dienstleistungen sowie private und öffentliche Verwaltungsbauten ein.
Das hochaktuelle Thema wurde gewählt, weil sich kaum ein gesellschaftlicher Bereich derzeit und vor allem in naher Zukunft so rasant wandelt wie die Welt der Arbeit. Gute Projektbeispiele nicht nur für Niedersachsen sind gefragt.
In Folge der Globalisierung und Digitalisierung sind die Themen Arbeit und ihr Umfeld ganz neu zu denken und dafür ansprechende Architekturen zu entwickeln. Der Wandel in der Arbeitswelt ist technischer, aber vor allem sozialer Natur. Es ist praktisch möglich, jederzeit und überall zu arbeiten; umso wichtiger wird die jeweilige Umgebung und Atmosphäre. Ständig wechselnde Teams, Arbeitsweisen und Kommunikationsformen benötigen neue, flexible Raumkonstellationen. Die Büroflächen sollten zur individuellen Arbeitsplatzgestaltung transformier- und stetig wandelbar sein.
Architektur kann die neuen Arbeitslandschaften endscheidend mitprägen. Statt der klassischen Büroarbeitsplätze sind Kreativräume gefragt, die den informellen Austausch und das gemeinsame Arbeiten anregen und fördern. Hier bedarf es planerischer und baulicher Lösungen, die langfristig funktionieren und qualitativ überzeugen.
Die zum 12. Niedersächsischen Staatspreis für Architektur eingegangenen 66 Bewerbungen zeigen, dass und wie sich moderne Architektur in Niedersachsen nachhaltig und erfolgsorientiert diesen gesellschaftlichen Herausforderungen stellt. Die Vielfalt und Bandbreite der eingereichten Projekte ist beeindruckend. Die im ersten Schritt notwendige Fokussierung auf die 10 Projekte der engeren Wahl war keine leichte Aufgabe für die hochkarätige Jury. Vom klassischen Verwaltungsgebäude, Bürohaus über Business Center, Fertigungscampus, Hochschuleinrichtungen bis hin zum Naturpark-Haus, Yard-Hotel, Supermarkt und Coworking Space war alles vertreten.
Das Siegerprojekt Hafven, Coworking und Makerspace aus Hannover überzeugt mit seiner baulich wie inhaltlich innovativen Idee und Umsetzung in städtebaulicher, architektonischer und nutzungsspezifischer Weise.
Das von außen eher spröde und provokant wirkende Architektur-Statement bereichert sein Umfeld. Der graue Monolith umhüllt einen quirligen Innenhof mit Urban Gardening und Café. Vielfältige Raumangebote mit Werkstattcharakter ziehen Start-ups an, die hier ihren „Hafen“ finden, um eigene „Himmelsträume“ in inspirierenden Arbeits- und Gemeinschaftsräumen zu verwirklichen. Ein tolles Projekt, das schon heute den Blick in die Arbeitswelt von morgen gewährt.
In gleicher Weise setzen die zwei Nominierungen mit ihren konsequent realisierten bzw. neuartigen Konzeptideen Maßstäbe für Niedersachsen und darüber hinaus.
Der Solar Campus in Melle besticht durch seinen ganzheitlichen Planungsansatz und dessen stringenter Umsetzung. Der regionale Bezug, die Nachhaltigkeit und die Arbeitszufriedenheit aller Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind integraler Bestandteil der qualitätsorientierten Firmenkultur und damit Garanten für den Unternehmenserfolg.
Der Neubau eines Vollversorgermarktes in Oldenburg zeigt auf, welches quartierprägende Potential in einem Supermarkt stecken kann, der sich im äußeren Erscheinungsbild und der inneren Form der Warenpräsentation interessant und wohltuend deutlich vom bislang Gekannten abhebt.
Mein Dank gilt allen, die am Zustandekommen des Wettbewerbsergebnisses und der Dokumentation zum Staatspreis für Architektur 2018 beteiligt waren. Ich wünsche der Wanderausstellung zum Niedersächsischen Staatspreis für Architektur einen großen, öffentlichkeitswirksamen Erfolg.
Robert Marlow, Präsident der Architektenkammer Niedersachsen
Viele Premieren sind beim diesjährigen Staatspreis für Architektur zu verzeichnen – auch wenn die Auszeichnung schon seit 2002 gemeinsam von Land und Architektenkammer Niedersachsen vergeben wird. Nach umbaubedingt mehrjähriger Pause fand die Preisverleihung erstmals im wiedereröffneten Niedersächsischen Landtag in Hannover statt. Premiere hatten auch Landtagspräsidentin Dr. Gabriele Andretta als Gastgeberin und Bauminister Olaf Lies– und auch ich war als Kammerpräsident erstmals in das Verfahren involviert.
Soviel Neustart wird politisch oft gefordert. Mit dem Staatspreis 2018 zeigen wir aber nicht nur neue Köpfe – und Räume, wir verkörpern auch eine gute Kontinuität und bauen bei diesem Preis auf eine langjährige und stabile Kooperation zwischen Kammer und Land.
Beim Staatspreis zeichnen wir Bauwerke mit Vorbildcharakter aus. So fügen sich architektonisch hochwertige Gebäude und Anlagen in ihre Umgebung ein, sind nutzerfreundlich, folgen konsequent einer Gestaltungsidee und besitzen ein hohes Maß an Originalität.
Bei der Juryarbeit zum Niedersächsischen Staatspreis für Architektur zeigt sich regelmäßig, dass auch architektonische Laien schnell einen Blick für diese Qualitäten entwickeln. In dem 13-köpfigen Gremium sitzen neben fachlichen Experten Vertreter aller Fraktionen des Niedersächsischen Landtages sowie der kommunalen Spitzenverbände, die in enger Abstimmung zwischen den Auslobern des Preises ausgewählt werden. Die Jury begutachtet und berät die eingereichten Bewerbungen eingehend und bestimmt sodann Objekte der Engeren Wahl. Diese werden gemeinsam vor Ort besichtigt. Anschließend nominiert die Jury einzelne Objekte für den Staatspreis und wählt aus dem Kreis der Nominierungen die Preisträger aus. Diese erhalten zwar kein Preisgeld, aber große mediale Aufmerksamkeit. Für die Architekten und Bauherren ist die Auszeichnung in jedem Fall ein Imagegewinn.
Die diesjährige Staatspreisjury hat Mut bewiesen und ein Gebäude zum Sieger gekürt, das inhaltlich und formal neue und eigenwillige Wege beschreitet. Mit dem Objekt „Hafven – Coworking und Makerspace, Hannover“ sind an einem sehr zentralen, aber unwirtlichen Ort der Stadt Räume entstanden, die Raum lassen für das nicht Planbare, bei dem Kopf und Hand, Denken und Ausprobieren wieder unmittelbar durch die Architektur angesprochen werden.
Die Architektur braucht solche Leuchttürme, um wahrgenommen zu werden. Nicht die Größe eines Bauwerks zählt, sondern seine baukulturellen Qualitäten. Gerade beim Staatspreis werden Gebäude und Anlagen völlig unterschiedlicher Ausmaße eingereicht und fordern komplexe Diskussionen heraus. Architektur ist ein gesellschaftliches Anliegen, sie ist gebaute Umwelt, keiner kann sich ihr entziehen. Umso wichtiger ist es, den öffentlichen Dialog über Architektur und Baukultur zu stärken.
Qualitätsvolle Architektur wird damit auch zum Marketinginstrument. Ihre Potenziale werden von der Wirtschaft – wenn man von den ganz großen Firmen mit ihren Headquarters und Flag-Ship-Stores einmal absieht und in die Regionen schaut – aber noch nicht ausreichend erkannt. Gerade kleine und mittlere Betriebe, der Mittelstand also, sollte sich mit diesem Staatspreisergebnis beschäftigen. Es zeigt sehr deutlich, wie zukunftsweisend „Bauen für Wirtschaft und Verwaltung“ bei guter interdisziplinärer Zusammenarbeit von Architekten, Innenarchitekten, Landschaftsarchitekten und Stadtplanern funktionieren kann.
Ein herzliches Dankeschön an alle Beteiligten!