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OLAF LIES
NIEDERSÄCHSISCHER MINISTER FÜR UMWELT, ENERGIE, BAUEN UND KLIMASCHUTZ

Seit 1996 blicken wir mit dem Staats­preis für Architektur alle zwei Jahre auf das aktuelle, innovative Baugeschehen in Nieder­sachsen. Das Land Niedersachsen, vertreten durch das Ministerium für Umwelt, Energie, Bauen und Klimaschutz, lobt die höchste Archi­tekturauszeichnung des Landes aus. Der Wett­bewerb und seine Ergebnispräsentation sind so inzwischen zu einer guten Tradition geworden. Im wechselnden Themenkanon WOHNEN, ÖFFENTLICHES BAUEN, WIRTSCHAFT und ARBEIT prämieren wir herausragende Archi­tektur im Kontext ihrer städtebaulichen Quali­tät und ihres gesellschaftlichen Wirkens. Mit der Wanderausstellung zeigen wir die guten Beispiele in Niedersachsen und darüber hinaus und fordern zur aktiven Nachahmung auf.

Zur Erfolgsgeschichte des Staatspreises trägt die Kooperation mit der Architektenkam­mer Niedersachsen entscheidend bei. Ich danke allen Beteiligten für die bewährte, gute Zusam­menarbeit. Danken möchte ich auch der Jury. Durch ihr Engagement ist es wieder gelungen, herausragende Leistungen im Bereich des aktu­ellen Bauschaffens auszuzeichnen und damit der Baukultur in Niedersachsen wertvolle neue Impulse zu verleihen.

Unter dem Motto „Öffentliches (Um)­ Bauen - auf dem Weg zur Klimaneutralität" ging es im Wettbewerb um energetisch und ökologisch optimierte, klimafreundliche öffent­liche Gebäude als Sanierungs- bzw. Modernisie­rungsprojekte sowie als beispielgebende Neu­bauten, aber auch zukunftsfähige Grün- und Freiflächen.

Das Ziel, in Deutschland spätestens im Jahr 2045 die Klimaneutralität zu erreichen, stellt die am Bau direkt und indirekt Beteiligten vor große Herausforderungen.

Die Errichtung, der Erhalt und die Nut­ zung von Gebäuden sind in besonderer Weise mit dem Aspekt Klimaschutz verbunden. Inso­fern haben Ressourceneinsparungen und die Reduzierung von Treibhausgasemissionen im Baubereich höchste Priorität. Damit einherge­hend wird ein Umdenken erforderlich. Im Bau­geschehen wird der Neubau künftig wohl die Ausnahme darstellen. Nur wegweisende res­sourcenschonende, energieeffiziente Bauten sollten zukünftig noch neu errichtet werden. Der Umbau wird Standard, die Wiederverwend­barkeit von Gebäuden und Materialien selbst­ verständlich. Denn bezogen auf die Ökobilanz über die gesamte Lebensdauer ist der sanierte Altbau dem Neubau weit überlegen - was oft ausgeblendet wird und zu einem verzerrten Bild führt. Es ist daher unser Ziel, eine neue Umbaukultur zu etablieren, in der die notwen­digen Anpassungsmaßnahmen wirtschaftlich und sozial tragbar, gesellschaftlich akzeptiert und baukulturell vereinbar gestaltet und ent­wickelt werden. Im Bestand steckt aber nicht nur graue, also ressourcenbezogene, sondern auch emotionale Energie: die Seele, der Charak­ter der Häuser und ihre Geschichte. Um diese zu entdecken und weiterzuentwickeln bedarf es interessierter Bauherren und kompetenter Archi­tektinnen und Architekten - daher zeichnen wir mit dem Staatspreis beide Akteursgruppen aus.
Zum aktuellen Wettbewerb wurden 56 Bewerbungen eingereicht, von denen 12 in die engere Wahl kamen. Die prämierten Projekte, zu denen ich den Preisträger, die Nominierun­gen und die engere Wahl zähle, zeigen, wie viel­fältig das öffentliche Bauen ist: sanierte und modernisierte Schulen und Schullandheime, ein Stadtteilzentrum, zwei hervorragend weiterge­baute Denkmale und mehrere Grün- und Frei­flächenprojekte. Gerade diese sind essentiell notwendiger Bestandteil klimaresilienter Städte und Gemeinden. Eine Parkanlage, ein Freiluft-, Lern- und Erinnerungsort sowie die Umgestal­tung eines Marktplatzes kamen zurecht in die engere Wahl.

Das Siegerprojekt „Neuordnung und Sanierung Kooperative Gesamtschule in Leeste, Weyhe" überzeugt mit seiner sehr hohen Qualität in Architektur, Bauausführung und seinen vielfältigen Nutzungsqualitäten. Die Kompaktsanierung des zweigeschossigen Gebäudes aus den 1970er-Jahren erfolgte bei laufendem Schulbetrieb. Dies stellte für alle Beteiligten ganz sicher eine besondere Herausforderung dar, die durch eine transparente, identitätsstiftende Par­tizipation im gesamten Planungs- und Baupro­zess gemeistert werden konnte.

Die wertschätzende Haltung der Eigentümerin und des Entwurfsbüros gegenüber dem vorhandenen Bestand ist beispielgebend dafür, wie intelligentes, die vorhandenen Ressourcen und Möglichkeiten nutzendes und zukunftstaugliches Umbauen gelingen kann. Das Bestehende wurde nachhaltig weiterentwickelt und trotzdem bleibt seine Geschichte ablesbar.
 
Kostengünstiger als ein Neubau ent­stand mit pfiffigen Ideen eine einladend moderne Schule, in der neue pädagogische Kon­zepte umsetzbar sind. Darüber hinaus versteht sich die Schule mit ihrer treffend als Kulturforum bezeichneten Aula auch als öffentlicher Begegnungsraum. Sie entfaltet damit, wie eigentlich alle zum Staatspreisthema „Öffentliches (Um-) Bauen" eingereichten Projekte, eine gesell­schaftsprägende Wirkung. Öffentlich genutzte Gebäude und Anlagen können unser soziales Miteinander stärken und das dauerhafte Gerüst einer Gesellschaft im Wandel bilden.

Die vorliegende Broschüre präsentiert ausführlich das Siegerprojekt sowie die Nominierungen und die Projekte der Engeren Wahl und dokumentiert vollständig die Einreichungen. Sie lädt ein, sich über den Wettbewerb und seine Ergebnisse zu informieren und ggf. den Projekten einen persönlichen Besuch abzustatten.

Mein Dank und Respekt gilt allen Bauherren und Entwurfsverfasserinnen und Entwurfsverfassern. Ihr Engagement bei Planung und Realisierung der Projekte sowie ihre Einreichungen haben unseren Wettbewerb so spannend gemacht. Ebenso gilt mein Dank allen weiteren, am Zustandekommen des Wettbewerbsergebnisses und der Dokumentation Beteiligten.

ROBERT MARLOW
PRÄSIDENT DER ARCHITEKTENKAMMER NIEDERSACHSEN

Der Staatspreis für Architektur ist die höchste Architekturauszeichnung des Landes Niedersachsen. Ein Zeichen der Wertschätzung für unsere Baukultur, die in unserem Land durch Architektinnen und Architekten aller vier Fach­richtungen geplant und geprägt wird - ebenso wie durch verantwortungsvolle Bauherrinnen und Bauherren. Mit dem Staatspreis fördern wir, seit nunmehr einem Vierteljahrhundert, die Baukultur in Niedersachsen, füllen sie aktiv mit Leben und mit Beiträgen, die beispielhaft, von hoher baukünstlerischer Qualität und zukunftsweisend sind und uns zum Diskutieren und zur Auseinandersetzung anregen. Der Staatspreis stiftet Verständnis für das qualitätsvolle Bauen, und er soll öffentliche und private Bauherren bewegen, ebenfalls in vorbildliche Projekte zu investieren.

Der Niedersächsische Staatspreis für Architektur 2022 zum Thema „Öffentliches (Um-)Bauen - auf dem Weg zur Klimaneutrali­tät" ist mir persönlich sehr wichtig. Auf diesen Weg, den Weg zur Klimaneutralität und Nachhaltigkeit, müssen wir uns begeben, und gerade das öffentliche Bauen, der öffentliche Bauherr, sollte hier mit gutem Beispiel vorangehen.

Grundsätzlich gilt: Wir müssen Planen und Bauen ganzheitlich betrachten und die ökonomischen, ökologischen und gesellschaft­ lichen Anforderungen gleichermaßen in allen Phasen einbeziehen.

Im niedersächsischen Bau- und Umwelt­ministerium werden diese Anforderungen ernst genommen, und das Ministerium geht mit, wenn wir als Architektenschaft Wege aufzeigen, die zu mehr Nachhaltigkeit im Bauen führen. Kli­maschutz und Baukultur müssen viel stärker zusammen betrachtet werden. Denn was ist Baukultur, wenn nicht nachhaltig? Baukultur steht neben einer guten Gestaltung, die lange Zeit erhaltenswert bleibt, auch für gut durch­dachte Konzepte, für planerische Qualität und natürlich auch für einen verantwortungsvollen Umgang mit Boden, Ressourcen und Materialien.

Unser gemeinsames Ziel ist es, die Themen Klimaschutz und Baukultur stärker an unsere Kammer-Mitglieder heranzutragen, sie dahingehend in ihren Kompetenzen zu stärken und so eine größere Breitenwirkung zu entfal­ten. Ich bin fest davon überzeugt, dass unser Berufsstand einen großen Beitrag leisten kann, wenn nicht sogar muss. Mein aufrichtiges und herzliches Dankeschön gilt der Niedersächsi­schen Landesregierung für die Anschubförderung einer Stelle „Nachhaltigkeit und Baukultur", die jetzt in der Kammer eingerichtet wird und dazu beitragen soll, Planen und Bauen langfristig nachhaltiger, aber auch einfacher und damit kostengünstiger zu machen.

Ein weiterer zentraler Begriff im dies­ jährigen Staatspreisthema - das (Um-)Bauen - spielt hier eine wichtige Rolle. Umbauprojekte haben immer einen großen Reiz für Architektinnen und Architekten, da sie sich mit kreativen Lösungen dem speziellen Ort widmen können. Weiterbauen im Bestand bietet also enormes Potenzial für alle Bauschaffenden, ist nachhal­tig und zudem ein entscheidender Beitrag zum Klimaschutz, der weiterem Flächenverbrauch entgegenwirkt und weniger „graue Energie" verschwendet. Diese Potenziale müssen verstärkt aktiviert und für die Gestalt unserer Städte und auch für die ländlichen Räume nutzbar gemacht werden.

Die rechtlichen Hürden beim Umbauen liegen zum Teil sehr hoch, die geltende Bauordnung ist im Prinzip für den Neubau gemacht. Da sich der Klimaschutz im Bestand entscheiden wird, benötigen wir - neben oder in der Nieder­sächsischen Bauordnung - zukunftsgerichtete Umbau-Regelungen, die diese Ambitionen auch rechtlich in geordnete Bahnen lenken und uns unterstützen, den Bestand viel stärker als bislang zu würdigen.

Die zum Niedersächsischen Staatspreis für Architektur 2022 eingereichten Projekte zei­gen, wie es gehen kann, wie es viel öfter gehen sollte und müsste, damit wir nachhaltig leben, wohnen und arbeiten können. Das Land, die Städte und Kommunen müssen sich ihrer Vorreiterrolle als öffentliche Bauherren bewusst sein und die Entwicklung unserer Räume unter dem Ziel der Nachhaltigkeit und Klimaneutrali­tät in engem Schulterschluss mit dem Berufs­stand der Architekten, Innen- und Landschafts­architekten und Stadtplaner vorantreiben. Wir von unserer Seite wollen unser planerisches Know-how einbringen und mehr denn je zu einer nachhaltigen Entwicklung beitragen.
 
Danken möchte ich an dieser Stelle allen Bewerberinnen und Bewerbern für ihr Engagement. Insgesamt 56 spannende Projekte haben sie eingereicht, 12 davon hat die Jury in ihrer ersten Sitzung für die Engere Wahl bestimmt und besichtigt. Es wurde viel diskutiert - nicht zuletzt darüber, was einen „Staatspreis für Architektur" ausmacht: Ein Staatspreis darf nicht ein­fach nachvollziehen oder Trends widerspiegeln. Der Staatspreis muss richtungsweisend sein, er soll die Menschen dazu bringen, über Archi­tektur zu diskutieren, er darf auch provozieren. Nicht mehr, aber auch nicht weniger.

Das Siegerprojekt, die „Neuordnung und Sanierung Kooperative Gesamtschule in Leeste, Weyhe" mag zunächst überraschen. Doch ist dieser intelligente und in jeder Hinsicht zukunfts­weisende Umgang mit einem typischen Schul­bau der 1970er-Jahre prädestiniert, auch über die niedersächsischen Landesgrenzen hinaus ,Schule zu machen".

Ein herzliches Dankeschön an alle Beteiligten!