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Zur NBauO-Novelle 2024

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Eine überblicksartige Darstellung der wichtigsten Änderungen von Rechtsanwalt Dr. Hanns-Christian Fricke

Bauen soll in Niedersachsen schneller, einfacher und günsti­ger werden. Zu diesem Zweck wurde die Niedersächsische Bau­ordnung (NBauO) geändert. Mit der be­schlossenen Gesetzesänderung wurden ins­besondere erhebliche Erleichterungen für Baumaßnahmen bei bestehenden Gebäuden sowie zur Förderung des Wohnungsbaus vorgenommen. Die wichtigsten Änderungen werden in diesem Beitrag überblicksartig dargestellt.

Einleitung

Als Reaktion auf die anhaltende Krise in der Bau- und Wohnungswirtschaft haben sich die Bundesregierung und die Bundesländer im November 2023 auf den „Bau-Turbo-Pakt“ geeinigt, mit dem der Wohnungsbau in Deutschland angekurbelt und beschleu­nigt werden soll. Der niedersächsische Ge­setzgeber hat die vereinbarten Maßnahmen mit der am 17. Juni 2024 beschlossenen NBauO-Novelle 2024 umgesetzt. Die Geset­zesänderung geht jedoch deutlich darüber hinaus und schafft zudem Erleichterungen für das Bauen im Bestand. Die Neuregelun­gen werden als „Umbauordnung“ in die NBauO integriert. Die Änderungen treten zum 1. Juli 2024 in Kraft.

Neue Erleichterungen bei Umbaumaßnahmen und Nutzungsänderungen

In der Praxis hat sich herausgestellt, dass insbesondere bei baulichen Änderungen, wie zum Beispiel Aufstockungen und dem Einziehen von neuen Wänden, an Schnitt­stellen zwischen alter Bausubstanz und neu hinzukommenden Bauteilen Schwierigkeiten bezüglich der jeweils geltenden Anforderun­gen bestehen. Diese Hemmnisse sollen durch den neuen § 85a NBauO beseitigt werden, der das zentrale Regelungselement für Umbaumaßnahmen und Nutzungsände­rungen darstellt.

Soll ein bestehendes Gebäude baulich durch Aufstockung, Umbau oder Ausbau oder in seiner Nutzung geändert werden, so müssen gemäß § 85a Abs. 1 Satz 1 NBauO die von der Baumaßnahme betroffenen vorhande­nen und neuen Bauteile, insbesondere Wän­de, Stützen, Decken, Böden, Dächer und Treppen, nur die Anforderungen nach § 3 Abs. 1 NBauO erfüllen. Zwar müssen die von der Baumaßnahme betroffenen vorhan­denen und neuen tragenden Bauteile geeig­net sein, zusätzlich entstehende Lasten auf­zunehmen (§ 12 NBauO), ebenso muss der Brandschutz gewährleistet sein (§ 14 NBauO). Die zur Konkretisierung der §§ 12 und 14 NBauO ergangenen Vorschriften müssen jedoch nicht erfüllt werden (§ 85a Abs. 1 Satz 2 NBauO), insoweit wurde eine Abkoppelung von der Verpflichtung vorge­nommen, ein bestimmtes Regelwerk einzu­halten.

In § 85a Abs. 2 NBauO werden Ausnah­men aufgeführt, bei denen § 85a Abs. 1 NBauO nicht gilt. Hier sind vor allem Anbau­ten und Sonderbauten zu nennen. Die Er­leichterungen des § 85a Abs. 1 NBauO gel­ten außerdem nicht, wenn auf Verlangen des Bauherrn das vereinfachte Genehmigungs­verfahren nach § 62 Abs. 10 NBauO durch­geführt wird.

§ 85a Abs. 3 NBauO regelt, was der Ent­wurfsverfasser in den Bauvorlagen darzu­stellen und was er nachzuweisen hat. Insbe­sondere sind Abweichungen von den aktu­ellen Vorschriften zu dokumentieren.

§ 85a Abs. 4 Satz 1 NBauO gibt vor, dass die Anforderungen an Gebäude und Bautei­le zur Einsparung von Energie und zur Nut­zung erneuerbarer Energien für die Wärme- und Kälteerzeugung aufgrund anderer Rechtsvorschriften unberührt bleiben. Ge­meint ist hier zuvorderst das GEG. Nach § 85a Abs. 4 Satz 2 NBauO gilt Gleiches für al­le nutzungsbedingten Anforderungen sowie die sonstigen Anforderungen des öffentli­chen Baurechts, die nicht nur von Bauteilen zu erfüllen sind. Damit wurde klargestellt, dass sich die geschaffenen Erleichterungen nur auf „Bauteile“ beziehen – die auf die Nutzung bezogenen Anforderungen bleiben bestehen, wie beispielsweise die Anforde­rungen an Aufenthaltsräume und Wohnun­gen nach §§ 43 und 44 NBauO. Auch die Rettungswege sind zu gewährleisten.

Für die Erleichterungen, die nach § 85a NBauO zum Tragen kommen, bedarf es kei­ner Abweichungen (§ 66 Abs. 1 Satz 5 NBauO). Die Abweichungen sind bereits von Gesetzes wegen erlaubt.

Keine Stellplatzpflicht bei Wohnungen mehr

Die in § 47 Abs. 1 Satz 1 NBauO normierte Pflicht, bei der Errichtung von baulichen An­lagen für die notwendigen Kraftfahr­zeug-Einstellplätze zu sorgen, sowie die in § 47 Abs. 1 Satz 2 NBauO geregelte Vorga­be, im Falle einer Nutzungsänderung einen gegebenenfalls erforderlichen Mehrbedarf an Einstellplätzen herzustellen, wurde für Wohnungen aufgehoben (§ 47 Abs. 1 Satz 3 NBauO). Diese Erleichterung gilt auch für Gebäude, in denen unterschiedliche Nut­zungsformen in den Wohnungen vorzufin­den sind. Für die Kommunen ist die Mög­lichkeit entfallen, durch örtliche Bauvor­schriften bzw. Satzungen die erforderliche Zahl an Stellplätzen festzulegen.

Neue Genehmigungsfiktion

Im neuen § 70a NBauO ist u. a. für bestimm­te Baumaßnahmen zur Herstellung von Wohnraum eine Genehmigungsfiktion vor­geschrieben. Die Genehmigungsfiktion tritt nach Ablauf einer Frist von drei Monaten ein (§ 42a Abs. 2 Satz 1 VwVfG). Die Frist be­ginnt mit Eingang der vollständigen Unter­lagen (§ 42a Abs. 2 Satz 2 VwVfG).

In begründeten Einzelfällen kann die untere Bauaufsichtsbehörde – sofern die Schwierig­keit der Angelegenheit dies rechtfertigt – die Frist einmalig angemessen verlängern. Maß­geblich ist das objektive Vorliegen von Um­ständen, die die Schwierigkeit der Angele­genheit begründen, und nicht die Einschät­zung der Behörde. Ein hinreichender Grund für die Fristverlängerung kann nicht die Überlastung der Behörde sein. Vielmehr be­darf es atypischer Umstände und die Bear­beitung muss einen höheren Zeitbedarf er­fordern als das typische Verfahren zur Prü­fung der beantragten Genehmigung. Wenn die Verlängerungsvoraussetzungen nicht vorliegen, tritt die Genehmigungsfiktion mit Ablauf der Entscheidungsfrist ohne Weiteres ein.

Genehmigungsfreie Bau­maßnahmen ausgeweitet

Der Anwendungsbereich des § 62 Abs. 1 NBauO ist um einen neuen Absatz 1a erwei­tert worden. Dieser Absatz beinhaltet ver­fahrensrechtliche Erleichterungen für Um­baumaßnahmen nach § 85a NBauO, für die beim Vorliegen der Voraussetzungen des Absatzes 2 nur ein Mitteilungsverfahren nach § 62 Abs. 3 Satz 1 NBauO durchzuführen ist.

Grundlegend neu konzipiert wurde auch § 62 Abs. 2 NBauO. Eine Genehmigungsfrei­heit kann auch bei einfachen Bebauungsplä­nen gemäß § 30 Abs. 3 BauGB (§ 62 Abs. 2 Nr. 1 b) NBauO) sowie in Gebieten nach §§ 34 und 35 BauGB vorliegen (§ 62 Abs. 2 Nr. 1 c) NBauO).

Grenzabstände

Die grundsätzlichen Grenzabstände nach § 5 Abs. 2 NBauO wurden von 0,5 H auf 0,4 H und in Gewerbe- und Industriegebieten von 0,25 H auf 0,2 H reduziert.

Abweichungen

In § 66 Abs. 1 Satz 2 NBauO sind neue Ab­weichungstatbestände für Nutzungsände­rungen, Baumaßnahmen, die der Moderni­sierung, dem Ausbau oder dem Erhalt be­stehender Gebäude dienen, sowie bei Baumaßnahmen zur Erprobung neuer Bau- und Wohnformen (Gebäudetyp E) aufge­nommen worden.

Sonstige Änderungen

Neben weiteren Änderungen, u. a. bei den Vorgaben zum zweiten Rettungsweg (§ 33 Abs. 2 Satz 3 und 4 NBauO), zu Aufzügen (§ 38 Abs. 2 Satz 2 NBauO) und zu Fahrradabstellanlagen (§ 48 Abs. 1 Satz 1 NBauO), wurden im neuen § 73a Abs. 5 NBauO Ty­pengenehmigungen anderer Länder aner­kannt. Ferner wurde ein neuer § 85b NBauO für ortsveränderliche Wohngebäude aufge­nommen. Änderungen gibt es auch beim Anhang zur NBauO.