Hannover: Das aus dem Jahr 1924 stammende Gebäude der Wachswarenfabrik des Architekten Otto Haesler in der Celler Speicherstadt ist nun dem Abriss zum Opfer gefallen. Der historische und denkmalgeschützte Bau befand sich auf einem lukrativen, an der Aller gelegenen Gelände. Robert Marlow, Präsident der Architektenkammer Niedersachen und Vorstandsvorsitzender der Lavesstiftung, zeigt sich enttäuscht: „Wie kann es sein, dass ein Baudenkmal ohne Vorankündigung und öffentliche Diskussion dem Boden gleich gemacht wird?“
Die Architektenkammer Niedersachsen stellt ein Mitglied des Haesler-Kuratoriums. Dieses Gremium aus Fachleuten wurde im Vorfeld ebenfalls nicht befragt. „Dieser Haesler-Industriebau“, so Architekt Marlow, „dokumentierte den Übergang in das Neue Bauen der zwanziger Jahre. Er zeigte, wie sich die Architektursprache versachlichte und sich weg vom dekorativen hin zum funktionellen Bauen entwickelte.“
Auch gehe mit solchen Abrissen immer baukulturelles Erbe und ein Stück Geschichte verloren. Dass Abriss nicht die Lösung sein sollte, sondern vielmehr das Weiterbauen im Bestand, sei heute auch im Rahmen der Diskussionen um Klimaschutz und Nachhaltigkeit das Gebot der Stunde. „Wir dürfen uns auch bei der Entwicklung von neuen Baugrundstücken nicht gegen eingetragene Baudenkmäler stellen, sondern müssen diese im Verbund mit der Denkmalpflege einbeziehen. Architekten entwickeln passende Lösungen, die Altes und Neues miteinander verbinden und attraktive Standorte schaffen.
Dass sich sehr wohl aus einem Industriebau von Otto Haesler ein zeitgemäßes Bürohaus entwickeln lässt, zeigt die Umnutzung des ursprünglich 1929/30 als Büro- und Lagergebäude für die „Kurzag“ (Kurzwaren-Grosshandel A.-G.) errichtete Gebäude in Braunschweig. Nach dem Umbau von O.M. Architekten ist hier heute das moderne Druck- und Verlagshaus der Firma Sigert ansässig.