>> Kendra Busche, Wissenschaftliche Mitarbeiterin Leibniz Universität Hannover, Fakultät für Architektur und Landschaft
Wo liegen die Herausforderungen für den Berufsstand der Planer*innen in der Zukunft?
Das Zusammenrücken in unseren Städten stellt uns vor verstrickte Herausforderungen. Viele Ansprüche sollen auf engem Raum erfüllt werden, zugleich Synergien und Mehrwerte schaffen. Planer*innen verstehen und entwerfen in diesen Verdichtungsprozessen mehr als nur die räumliche Dimension. Ihr Handlungsfeld beinhaltet auch Eingriffe in sozialökologische Sphären: Sie kultivieren und kuratieren Leben in gebauten Strukturen. Diese Fähigkeit sollte von Entscheidungsträger*innen anerkannt und gefördert werden. Stärkere Mitspracherechte in politischen Prozessen sowie die Sicherstellung ausreichender Budgetierung für Forschung und Ausbildung wären dabei Schritte in Richtung einer höheren Wertschätzung.
Kommen die Planer*innen ihrer Verantwortung für die Gestaltung der Zukunft angemessen nach?
Planer*innen müssen den Spagat zwischen großen Würfen und kleinen Setzungen beherrschen. Das Entwerfen starker Visionen und Interventionen bedarf Fitness und Flexibilität. Dafür sollten wir uns stets auf Trab halten – und das tun wir auch: Wir agieren quer durch alle Maßstäbe, verstehen den großräumlichen Kontext, planen das kleine Detail. Dabei arbeiten wir an unterschiedlichen Orten und beschäftigen uns mit wechselnden Akteuren in heterogenen Strukturen. Wenn wir in Bewegung bleiben, Stehvermögen beweisen, unsere Sinne schärfen und stets Skizzenpapier zur Hand haben sind wir in der Lage eine noch größere Verantwortung tragen zu können.
Sind die Planer*innen für die Zukunftsgestaltung überhaupt relevant? Welche Handlungsfelder müssen fokussiert werden, um eine bedeutsame Rolle innerhalb unserer Gesellschaft zu spielen?
Planer*innen spielen keine Rolle – sie beherrschen viele. Dabei agieren sie inmitten verschiedener Handlungsfelder. Diese Fähigkeit als Schnittstelle und Intermediäre in Transformationsprozessen zu fungieren, bringen nicht viele Professionen mit – diese Kompetenz sollten Planer*innen vermehrt ausspielen.
Wird der Nachwuchs auf die Herausforderungen der Zukunft gut vorbereitet?
Die Herausforderungen der Zukunft erfordern progressive Handlungsweisen von Planer*innen. Wir dürfen daher nicht nur reagieren, wir müssen auch proaktiv handeln. Die Frage müsste also lauten: Bereitet sich der Nachwuchs auf die Herausforderungen der Zukunft gut vor? Ja! Studierende des Fachbereichs Landschaft der Uni Hannover partizipieren nicht nur an unseren Lehrangeboten – sie emanzipieren sich auch von ihnen. Sie engagieren sich neben ihrer Ausbildung ehrenamtlich in Netzwerken der kooperativen Stadtentwicklung und tragen darin aufgedeckte Handlungsfelder und Entwurfsfragestellungen in die Universität. Sie bereichern dadurch den Inhalt der Lehrveranstaltungen und verhelfen der Universität zu einer erhöhten gesellschaftlichen Relevanz und Mitwirkungskraft in der gemeinschaftlichen Stadtgestaltung Hannovers.
Was möchten Sie den Planer*innen aus Ihrer Perspektive mit auf den Weg geben?
Wir brauchen einen planerischen Ungehorsam! Dieser sollte friedfertig und sensibel sein, aber auf keinen Fall Konflikte scheuen. Resilienz kann nur entstehen, wenn man dem Widerstand Raum gibt. Dafür sollten wir Komplizenschaften eingehen und auch mal als Störenfried agieren.